DIE WIEDERENTDECKUNG DER LANGSAMKEIT

Kerstin, können wir das nicht viel öfter machen?
Gleich 4 Leute sprachen mich nach der letzten Gymnastik Stunde voller Begeisterung an.
Was war passiert? Ausnahmslos alle, waren gefangen in hektischen Trubel der Vorweihnachtszeit.
Doch sie ließen sich darauf ein, sich selbst eine ganze Stunde Zeit zu gönnen. Anstatt munteres Hopsen, Schwingen und Balancieren erwartete heute alle eine Yin Yoga Stunde.
Viele, die einmal damit angefangen haben,
können nicht mehr aufhören.
Immer wieder bringen sie ihren Körper in ungewohnte Stellungen mit klingenden Namen wie «schlafender Schwan» oder «schmelzendes Herz». Doch was ist Yin Yoga?
Der Taoismus erklärt die Welt auf Grundlage des Yin und Yang Prinzip.
Alles ist geprägt von Gegensätzen - Sommer - Winter, Tag -Nacht, innen - außen ...
Yin wird dem weiblichen Prinzip zugeordnet, der Erde, der Nacht, dem Verborgenen,
während Yang für das männliche Prinzip steht, die Sonne, für Kraft und das Sichtbare.
Alles fließt, alles ist in Bewegung.
Ohne Licht keinen Schatten, ohne Wärme keine Kälte.
Während bei den meisten Yoga Arten
die Kraft und Muskulatur im Vordergrund stehen, also Yang,
geht es im Yin Yoga um die Dehnung des Bindegewebes, das unelastisch
und steif ist und damit Eigenschaften von Yang aufweist.
Yin Yoga ist bei uns noch nicht so bekannt, es gibt zurzeit wenig deutschsprachige Bücher zum Thema.
Was ich absolut empfehlen kann ist das Buch von
Christine Ranzinger.
Yin Yoga ist ein langsamer, meditativer Yogastil mit einer starken Tiefenwirkung.
Es ist das ergänzende Gegenstück zu den heute vorwiegend
praktizierten dynamischen Yang-Formen des Yoga.
Bei den Yang-Formen ist das Tun im Fokus.
Es geht darum, klare Ziele und Techniken zu erreichen.
Bei der Yin-Form des Yoga ist der Blick nach innen gerichtet.
Wir sind Reisende, denen es um den Weg und nicht um das Ziel geht.
Zentral sind Gewahrsein und Sein.
Yin Yoga benutzt liegende und sitzende Asanas, in denen wir den Körper über mindestens 3-5 Minuten in eine Stellung hinein schmelzen lassen.
Diese Form des Yoga wirkt durch vollständiges Loslassen,
das innere Lächeln und mentale Entspannung.
Aber auch Zeit und Schwerkraft arbeiten für uns und
lassen uns immer tiefer in die Stellung sinken.
Das Thema Faszien ist genauso auf dem Vormarsch wie die sanfte Form des Yin Yoga. Yin Yoga ist Faszienyoga und damit die ideale Methode, um unser Bindegewebe geschmeidig zu halten, die Figur zu straffen und schmerzfrei zu werden.
Die neuen Erkenntnisse über Faszien revolutionieren unser bisheriges Wissen über die Anatomie des Menschen. Yin Yoga setzt durch seine tiefen und lang gehaltenen Dehnungen den Fokus auf die Faszien. Diese Herangehensweise, die frei ist von muskulärer Anstrengung, verändert die momentan noch häufig verbreitete westliche Sichtweise auf Yoga, da immer mehr Übende lernen, sich von ihrem Leistungsdenken zu distanzieren und stattdessen einfach nur ihrem eigenen Körper zu vertrauen.
Yin Yoga bringt den Praktizierenden in einen tiefen Kontakt mit sich selbst.
Körperliche Grenzen aufgrund der eigenen Anatomie werden ihm dabei sehr klar aufgezeigt, und ein respektvoller und liebevoller Umgang mit dem eigenen Körper hat absolute Priorität in diesem passiven und sanften Yogastil.
Yin Yoga löst ein Gefühl von Ruhe, Leichtigkeit und innerem Frieden aus.
Wir tauchen in einen Zustand der Stille und Weite ein.
Nicht nur der Körper, auch der Geist wird elastisch.
Yin Yoga setzt Impulse der Regeneration und
aktiviert die natürliche Selbstheilung.
Körperlich wirkt diese Form von Yoga auf die tieferliegenden Gewebeschichten (Yin-Gewebe), also Bänder, Gelenke, Knochen und das Faszien- Netzwerk, das den gesamten Körper durchzieht. Die Faszien sind ein wichtiges Sinnesorgan für die Körperwahrnehmung, sie werden heute das 6. Sinnesorgan genannt.
Die Vielzahl der Wahrnehmungssensoren – sechs- bis zehnmal mehr als im restlichen Körper – informieren unser Gehirn ständig über unsere Bewegungen und Lage.
Yin Yoga unterscheidet zwischen Yin- und Yang-Gewebe. Yang-Gewebe – Muskeln, Haut – ist feuchter und elastisch. Muskeln brauchen kurze Impulse, Rhythmus und Wiederholung, um die Fasern und Zellen zu weiten. Yin-Gewebe – Gelenke, Knochen, Sehnen und Bänder – ist trockener und weniger elastisch. Es braucht daher längere Dehnungsimpulse, um sich zu verändern.
Durch das lange, möglichst entspannte Verweilen in den Asanas hat diese Praxisform eine heilsame Wirkung auf Gelenke und Faszien, es öffnet und weitet sie.
Auf der energetischen Ebene hat Yin Yoga
eine tiefe Wirkung auf das Meridiansystem.
Das Meridiansystem ist die Schnittstelle zwischen körperlichen und seelisch-geistigen Prozessen. Ein Ungleichgewicht in unseren Energieleitbahnen führt deshalb neben körperlichen Beschwerden immer auch zu Veränderungen in der Psyche und den Emotionen.
Yin Yoga wirkt über Aktivieren und Harmonisieren
der Energieleitbahnen heilend auf Körper und Geist.
Für unsere heutige, nach aussen gerichtete, Yang-lastige Zeit ist diese
stille Art des Übens eine ausgesprochen wohltuende Ergänzung.
In der Stille des Yin Yoga kann man sich tief entspannen,
loslassen und in einen Zustand eintauchen,
der nicht erreicht wird, wenn zu viel Bewegung im Außen ist.
Viel Freude beim Ausprobieren!
Alles Liebe für dich
Deine Kerstin
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